Dentalphobie: Die Angst sitzt an der Wurzel

Dentalphobie: Die Angst sitzt an der Wurzel

Angst? Wovor eigentlich?

Dentalphobie. Für Menschen, die nicht selbst betroffen sind, ist das nur ein Fachbegriff, der leblos vor ihrem geistigen Auge auftaucht. Was sich dahinter verbirgt, ist eher abstrakt. Die häufig anzutreffende Annahme, dass Menschen mit Zahnarztangst im wesentlichen Panik vor der Spritze haben, ist schon der erste Irrtum, wenn man sich mit der Problemstellung befasst. Denn tatsächlich ist die Spritze gar nicht das größte Problem für Menschen mit Dentalphobie. Die DEVK hat in einer Umfrage herausgefunden, dass die Spritzenangst nur bei 32 Prozent der Befragten das größte Problem ist. Viel schlimmer wiegen Wurzelbehandlungen, das Bohren an sich und das Ziehen von Zähnen. Allerdings war dies keine Umfrage explizit unter Menschen mit ausgeprägter Zahnarztangst, sondern eher allgemein gehalten. Fakt ist jedoch, dass Behandlungen im Bereich der Zahnwurzel Angst fördert, im Falle der Dentalphobie gehören Wurzelbehandlungen und das Ziehen von Zähnen in den Bereich des Schlimmsten, was passieren kann.

Was soll schon eine Umfrage bringen?

Die Frage liegt nahe: Was soll eine Umfrage unter Zahnarztpatienten bringen, wenn gar nicht bekannt ist, wer von ihnen tatsächlich unter Dentalphobie leidet? Auf den ersten Blick könnte man sagen: gar nichts. Doch wenn man sich die Verteilung der Ängste ansieht, erkennt man schnell, dass bei „normalen“ Patienten – also bei Patienten, die sich zwar nicht gerade wohl fühlen, wenn sie zum Zahnarzt müssen, aber auch keine Schweißausbrüche bekommen – die Angst vor der Spritze kaum eine Rolle spielt. Klar, werden viele denken, der „kleine Piecks“ ist ja auch nicht so schlimm. Aber eben deshalb ist die Zahl der 32 Prozent übermäßiger Angst im Zusammenhang mit der Spritze so aufschlussreich. Denn man kann davon ausgehen, dass Menschen, die starke Ängste gegenüber der Spritze entwickeln, auch Kandidaten für eine handfeste Dentalphobie sind.

Angst oder Phobie: der gar nicht so kleine Unterschied

Angst, Panik, Phobie, Unwohlsein? Da sind die Grenzen doch wohl fließend, oder? Nun, das könnte man meinen, doch die Wahrheit sieht anders aus. Das Unwohlsein gehört zu einem Besuch beim Zahnarzt irgendwie dazu. Klar, wohl kaum jemand wird behaupten, dass der Besuch in der Praxis für ihn das höchste der Gefühle bedeutet. Ängstliche Reaktionen sind dagegen schon ernster, allerdings immer noch recht gut in den Griff zu kriegen. Oft reicht ein nettes Gespräch mit dem Zahnarzt oder der Assistentin. Oder aber ein paar Kopfhörer auf die Ohren, entspannende Musik eingespielt und die Angst ist dahin.

Eine Phobie wirkt anders. Denn anders als die Angst, die ein natürliche Abwehrverhalten widerspiegelt, sind Menschen mit einer Phobie sozusagen gelähmt, nicht mehr in der Lage, der Situation gewachsen zu sein. Menschen mit Angst vor Spinnen oder engen Räumen werden sofort wissen, was gemeint ist. Der Situation ausgeliefert, sind sie unfähig, darauf zu reagieren, sie erstarren regelrecht und sind zur panischen Passivität verdammt. Das ist auch der Grund dafür, dass Dentalphobie so extrem gefährlich ist. Eine Spinne oder ein kleiner Raum brechen über die Betroffenen vielfach unerwartet herein. Der Besuch in der Zahnarztpraxis dagegen braucht Planung. Man muss einen Termin vereinbaren, ihn wahrnehmen und schlussendlich auf dem Praxisstuhl Platz nehmen. Doch genau das fällt Menschen mit Dentalphobie enorm schwer. Bedingt durch ihre Phobie vermeiden sie jeden Zahnarztbesuch, sie machen eben keinen Termin, fahren auch nicht in die Praxis und das Setzen auf den Stuhl des Zahnarztes verhindern sie „auf Teufel komm raus“. Bis es nicht mehr geht. Doch dann ist es häufig schon zu spät.

Schulung und Entspannung

Hilfe gibt es nur im Paket. Denn der behandelnde Zahnarzt muss sich in Einfühlsamkeit üben, er muss versuchen, auf den verängstigten Patienten so einzugehen, dass der sich besser fühlt. Dabei helfen Entspannungstechniken, aber unter Umständen auch Vollnarkose oder Lachgas. Der zweite Part betrifft den Patienten, denn er muss sich seine Angst stellen und den Umgang damit in Angriff nehmen. Machen beide einen „guten Job“, ist ein erster, sehr wichtiger Schritt getan.